Mit dem Boot nach Nicaragua

Um uns die gefühlte Fahrzeit zu verkürzen, berichtet Frank über die Entstehung des Landes und seine früheste Besiedelung vor acht- bis zehntausend Jahren. Vier Kontinentalplatten treffen in dieser Weltgegend aufeinander, Costa Rica selbst liegt auf der „Karibischen Platte“. Das hat zum Vulkanismus und zu dem starken Höhenprofil geführt, denn die höchsten Berge reichen fast bis 4.000 Meter über das Meer. Die ersten Menschen kamen von Norden her in das Land, als sie Eurasien über die Beringstraße verließen. Von den Ureinwohnern ist nicht mehr allzu viel übrig. Die meisten vermischten sich nach der Kolonialisierung durch die Spanier mit den Eindringlingen. Die ursprüngliche Lebensweise pflegen heute noch etwa 60.000 Menschen, die wir allerdings bei dieser Reise nicht zu Gesicht bekommen.

Wenig Schmeichelhaftes hören wir über das kulturelle Erbe in Costa Rica. Die Spanier haben keine bedeutenden Denkmäler hinterlassen, nachdem sie recht schnell gemerkt hatten, dass in dem Land nicht viel zu holen ist. Am schlechtesten kommt in dem Bericht die Hauptstadt San José weg. Das Beste ist, „wenn man sie verlässt“.

Aber im Augenblick entfernen wir uns ja noch von der Hauptstadt. Unterwegs wiederholt sich ein immer wiederkehrendes Bild. Selbst zwischen den Ortschaften laufen Menschen auf der Straße. Sehr oft sind es Frauen mit Kindern, die direkt am Straßenrand gehen. Zum Glück ist das Fahrverhalten der Autofahrer entsprechend rücksichtsvoll. Einige Rowdies von deutschen Straßen könnten sich daran ein Beispiel nehmen.

Dass Menschen in Costa Rica mehr zählen als Autos, kann man in der Nähe von Schulen gut beobachten. Immer gibt es in einer „Zona Escolar“ eine Geschwindigkeitsbeschränkung, je nach Beschaffenheit der Straße auf 40 oder 25 Stundenkilometer, oft sind Bodenschwellen in die Straße eingearbeitet, die unbedingte Beachtung verdienen und über die zu späterer Gelegenheit noch zu berichten sein wird.

Die Schulgebäude ähneln sich sehr stark. Fast immer sind es mehrere eingeschossige Gebäude mit flachen Satteldächern, die gemeinsam umzäunt sind. Die Gebäude sind mit befestigten Wegen untereinander verbunden, der Rest des Geländes nimmt vom Regen auf, was er kann. Es fällt auf, dass auf Schulgeländen keine Vegetation steht. An Schulgebäuden dominieren die Farben weiß und blau, besser gepflegt sind in den costaricanischen Städten nur die Kirchen. Die Schulkinder tragen Uniform. Die Jungs präsentieren sich in blauer Hose und weißem Hemd. Die Mädchen tragen in manchen Orten Faltenröcke und blaue Hemden. In La Fortuna kommen wir gleich zweimal an einer Turnhalle vorbei. Die Halle ist eine Stahlkonstruktion ohne Seitenwände, aber mit einem Dach. Der Boden besteht aus Beton. Beim ersten Mal sind zwei Volleyballfelder mit sehr stark durchhängenden Netzen aufgebaut, einen Tag später sind die Volleyballnetze weg und ein paar Jungs spielen Fußball.

Sehr auffällig sind überall im Land auch die gelben Schulbusse, die den allgegenwärtigen Beweis liefern, dass sich der Staat die Ausbildung der Kinder einiges kosten lässt. Immerhin wurde ja in den 50er Jahren das Militär aufgelöst, um das eingesparte Geld in den sozialen Aufbau des Landes investieren zu können. Neben nachhaltiger Energiepolitik und dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer also noch ein drittes Vorzeigeprojekt, an dem wir uns ein Vorbild nehmen könnten.

Wir erreichen Los Chiles, den Grenzort zu Nicaragua. Die Bootsfahrt gehört nicht zum Reisepaket und muss mit 35 Dollar teuer bezahlt werden. Aber sie ist jeden Cent wert, denn wir können ohne körperliche Anstrengung jede Menge Tiere beobachten. Wir haben ein Boot für uns allein und der Bootsführer steuert sehr behutsam alle interessanten Stellen an. Jedes Mal, wenn wir ein Tier entdecken, geht es langsam immer näher ran. Wir kriegen viel vor die Linse: Tukan, Reiher, Brüllaffe, Klammeraffe, Faultier, Eisvogel, Falke, Geier, Basilisk, Kaiman, … Das Licht ist ideal zum Fotografieren, denn es herrscht klare Sicht und die Sonne hat sich hinter einer Wolkenschicht versteckt. Deshalb gibt es keine Schlagschatten.

Frank hat uns gebeten, die Pässe zur Bootsfahrt mitzunehmen, weil es passieren kann, dass uns auf der Rückfahrt eine Streife anhält, die kontrolliert, ob wir illegale Einwanderer aus Nicaragua mitnehmen. Es gibt 500.000 Nicaraguaner in Costa Rica und 100.000 Illegale, die am wachsenden wirtschaftlichen Erfolg des Landes teilhaben wollen. Weder auf dem Fluss noch auf der Straße begegnen uns jedoch Menschen, die wie illegale Einwanderer oder Grenzpolizisten aussehen.

Ein eindrucksvoller Tag endet nach der Rückfahrt mit ein paar Minuten im Pool, der mir kälter erscheint als alles, worin ich bisher in diesem Land geschwommen bin. Im Jacuzzi ist es danach sehr angenehm warm.


Tiere auf dem Präsentierteller

Erinnerungen

an Costa Rica

Bilder und Reisebericht

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