Nationalpark Piedras Blancas
Die Zufahrtsstraße zur Rainforest Lodge passt gut zur Weltuntergangsstimmung im Himmel. Wir passieren vier Brücken, die in einem beklagenswerten Zustand sind. Die erste zwingt uns zum Aussteigen, denn zusammen mit dem Bus sind wir zu schwer. Die Bretter unter unseren Füßen klappern spür- und hörbar. Zwei weitere mit Brettern ausgelegte Brücken werden passiert, ehe eine Betonbrücke den Abschluss bildet, die auf der uns zugewandten Seite abgesackt ist. Die Lücke hat man mit Sandsäcken notdürftig aufgefüllt.
In der Lodge begrüßt uns Julia, eine Österreicherin, mit einer Erzählung der Geschichte des Hotels. Der nahe gelegene Ort La Gamba war die Siedlung von Plantagenarbeitern, denn hier wurden früher Bananen gepflanzt. Irgendwann hat die United Fruit Company den Betrieb eingestellt, die Arbeiter waren arbeitslos und haben angefangen, den Regenwald zu plündern. Das Land Österreich hat den Wald, ca. 14.700 Hektar gekauft und dem Staat Costa Rica geschenkt. Man schafft Arbeitsplätze für die örtliche Bevölkerung mit dem Ziel, den Regenwald zu erhalten. Jetzt wird dort Forschung und nachhaltige Wirtschaft betrieben. Julia erzählt viele Beispiele, wie es hier zugeht und was mit den Erlösen des Hotels passiert. Klingt alles sehr gut. Zum Beispiel gibt es eine biologische Kläranlage, es werden so weit wie möglich Produkte aus der Region beim Bau und in der Ernährung eingesetzt, die Hotelanlage mit ihrem Zentralgebäude und den Wohnhütten ist sehr behutsam in die Örtlichkeit eingefügt. Besonders gut gefällt mir die Wasserführung. Der Swimming Pool wird vom Wasser des gleich daneben vorbei führenden Baches gespeist. Wegen des steten Durchlaufs muss nicht gechlort werden. Der Überlauf führt in den „Caiman Pond“, in dem sich nur wenige Meter vom Menschenbecken entfernt ein etwa anderthalb Meter langer Caiman aufhält. Das Wasser fließt danach wieder in den Bach und die Natur bekommt schon nach fünfzig Metern zurück, was man ihr genommen hat.
Julia erklärt uns, dass in diesem Regenwald, der der letzte direkt bis zur Pazifikküste führende Regenwald Costa Ricas ist, alle im Land heimischen Großtiere vorkommen. Doch die Aussichten, einen Puma, einen Ozelot oder einen Jaguar zu Gesicht zu bekommen, sind verschwindend gering. Bei einer Wanderung soll zwar noch einmal nach Schlangen gesucht werden, doch auch hier stehen die Chancen nicht allzu gut, was etlichen Reisegefährten durchaus angenehm ist. Immerhin sehen wir eine in Formaldehyd eingelegte Buschmeister im Zentralgebäude, das neben Rezeption, Bar und Restaurant im Obergeschoß auch Bibliothek und naturkundliches Museum ist. Die Buschmeister ist die größte Giftschlange in Costa Rica, aber zum Glück so scheu, dass sie heran stapfenden Touristen frühzeitig aus dem Weg geht.
Was die Witterung in der Rainforest Lodge angeht, muss ich an ein Gespräch
im Freundeskreis vor der Abreise denken, als einer ausgehend von seinem Schulwissen
meiner These widersprochen hatte, wir müssten mit bis zu 110 Prozent
Luftfeuchtigkeit rechnen. Gefühlt sind es oft sogar noch mehr. Mein lieber
Bernd, dann fahr‘ halt mal selber hin und du wirst schon sehen, dass
110 Prozent sehr wohl möglich sind. Unterstützung erfahre ich von
Thomas, der aus seiner Dozententätigkeit an der Saarbrücker Fachhochschule
berichtet. Als er einer Prüfungsklasse erklären musste, dass das
Klausurergebnis besonders schlecht sei und 60 Prozent durchgefallen, hatte
ein Student die Mutmaßung geäußert: „So viele sind
wir doch gar nicht“.
Nachhaltigkeit zum Nacheifern